Forschung am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik
Die Systemverfahrenstechnik zeichnet sich als Disziplin durch ihre integrierende Herangehensweise aus. Probleme werden nicht nur im jeweiligen Anwendungskontext, sondern von einer allgemeineren systemischen Perspektive aus adressiert. Diese Perspektive führt zu einer zentralen Stellung von Modellen sowie mathematischen und informationstechnologischen Werkzeugen in der Systemverfahrenstechnik. Die systemische Vorgehensweise zeigt sich zudem in der wichtigen Rolle, die Prozessentwurf, -regelung und –optimierung in der Systemverfahrenstechnik spielen. Dieses grundsätzliche Vorgehen kommt an unserem Lehrstuhl in diversen verfahrenstechnischen Anwendungsfällen der Bio- und Lebensmittelwissenschaften zum Einsatz.
Partikeltechnik
Viele Feststoffe liegen als diskrete Partikel vor. Dabei beeinflusst die Partikelgröße und –form die Lagerung und Verwendung der verschiedenen Stoffsysteme. Größe und Form sind dabei auch selbst technisch beeinflussbare Größen, die für verschiedene Anwendungen gezielt ausgewählt und entsprechend praktisch realisiert werden müssen. In diesem Umfeld werden am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik verschiedene partikeltechnologische Fragestellungen durch experimentelle und simulative Verfahren adressiert.
Zuckerzerkleinerung | Heiko Briesen |
Diskrete Element Simulation | Daniel Nasato |
Partikelcoating mit Wachsschmelzen | Mario Wörthmann |
Triboelektrische Proteinanreicherung | Javier Perez Vaquero |
Einfluss der Partikelform auf Packungs- und Fließeigenschaften | Tiaan Friedrich |
Simulation eines Pulverrheometers (links) und einer Ringscherzelle (rechts) mittels der Diskreten-Elemente-Methode (DEM)
Trocknungstechnik
Diverse Produkte im Lebensmittel- oder Pharmabereich müssen für ihre weitere Verwendung getrocknet werden. Die Trocknung führt dabei zu einer Reihe von gewollten wie auch ungewollten Veränderungen der Produkteigenschaften. Um diesen Prozess gezielt für verschiedene Anwendungen nutzen zu können, müssen die grundlegenden Mechanismen verstanden und ihre gezielte Beeinflussbarkeit erschlossen werden. Dies wird am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen durchgeführt.
Amorph-kristalliner Übergang bei Zucker | Martin Schugmann |
Gefriertrocknung von Lebensmitteln | Sebastian Gruber, Mathias Hilmer |
Schematische Darstellung eines teilweise gefriergetrockneten Zuckerpartikels, wie dies z.B. durch Neutronentomographie beobachtet werden kann. ©Schürmann
Transportprozesse in porösen Medien
Porösen Medien spielen in diversen Anwendungen eine wichtige Rolle, etwa in biologischen Strukturen oder in verschiedenen verfahrenstechnischen Trenn- und Extraktionsverfahren. Poröse Strukturen zeichnen sich durch ihre große innere Oberfläche sowie ihr spezifisches Transportverhalten aus. Am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik werden verschiedene poröse Medien analysiert und gezielt auf bestimmte Anwendungen hin verbessert
Anschwemmfiltration | Philip Pergam |
Kaffeeextraktion | Verena Pannusch |
Stofftransport in filamentösen Mikroorganismen | Henri Müller, Charlotte Deffur |
Wassertransport in Bäumen | Petra Först |
Computertomographie von Aspergillus niger (links) und Stofftransportvisualisierung im Inneren eines filamentösen Pilzes (rechts)
Kristallisation
Kristallisation ist ein wichtiger Aufarbeitungs- und Produktgestaltungsschritt in der Pharma- und Lebensmittelindustrie. Wirkstoffe werden gezielt aus Lösungen auskristallisiert, um danach gut abgetrennt und weiterverarbeitet werden zu können. Dabei spielt die Kristallgröße und –form eine zentrale Rolle, welche wiederum durch entsprechende Prozessführungsstrategien beeinflusst werden kann. Am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik werden verschiedene Kristallisationsprozesse experimentell und theoretisch untersucht und auf mögliche Verbesserungen hin analysiert.
Lactosekristallisation | Ramona Bier |
Nicht-Ideale Kristallformen in Kristallisationsprozessen | Simon Schiele |
Regelung von Kristallisationsprozessen | Simon Schiele, Ramona Bier |
Optische Messtechnik | Cornelia Eder |
Messung des Kristallwachstums sowie des Konzentrationsverlaufs nahe der Kristalloberfläche mittels Laser-Interferometrie
Wärme- und Stofftransport in komplexen Systemen
Wärme- und Stofftransportprozesse sind allgegenwärtig in Natur und Technik. Für viele
ingenieurwissenschaftliche Anwendungen ist es entscheidend diese Prozesse gezielt nutzen und
steuern zu können. Besonders anspruchsvoll ist diese Aufgabe für die komplexen Stoffsysteme, die
in den Bio- und Lebensmittelwissenschaften vorliegen. Mit besonderem Blick auf diese
Anwendungsfelder werden am Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik Wärme- und Stofftransport
experimentell und theoretisch untersucht.
Insbesondere nutzen wir Molekulardynamiksimulationen, um das Verhalten von Aromamolekülen
an Grenzflächen in Lebensmitteln zu verstehen.
Schokoladenconchieren | Philip Schmid |
Strömungsinduzierter Wärmeübergang in würfelförmige Geometrie (Fruchtstück in einem Getränk mit verschiedenen Anströmrichtungen), ermittelt durch numerische Strömungsmechanik
Molekulardynamik für Aromamoleküle an Grenzflächen in Lebensmitteln. | Tobias Benedikt Koch |
Ausschnitt einer Molekulardynamik Simulation eines Aromamoleküles (grün) an der Grenzfläche
von Wasser und Butterfett.
Das elektrostatische Potenzial von Koffein und Chlorogensäure im Kaffee an der optimierten Grundzustandsgeometrie gemäß Dichtefunktionaltheorie.